Bericht 3

GZ-Bericht vom 20.12.2017

„Das Beste, was unserem Sohn passieren konnte“
Informationsveranstaltung: Schüler, Lehrer und Eltern werben für den Erhalt der Pestalozzi-Förderschule mit dem Schwerpunkt Lernen
Von Frank Heine
Mobbing, Scham, Ausgrenzung, Druck, die Angst, im Unterricht nicht mitzuhalten: Was Schülerinnen und Schüler der Pestalozzi-Förderschule Lernen in eingespielten Video-Clips über ihre früheren Erfahrungen an anderen Einrichtungen berichteten, löste bei den rund 60 Zuhörern am späten Montagnachmittag in der gut gefüllten Aula Beklommenheit aus. Welch ein Unterschied: „Hier haben die Lehrer immer ein Ohr für uns offen“, erklärte Schülersprecherin Jessica Neumann – und zwar bei schulischen und privaten Problemen. Ihr persönlicher Erfolg, weil vorher nicht für möglich gehalten: „Ich mache jetzt meinen Hauptschulabschluss.“
Eigentlich waren die Förderschulen Lernen zugunsten der Inklusion der Kinder an Regelschulen schon beerdigt. Durch den Regierungswechsel in Hannover tut sich wieder eine Tür auf. Die 57 Pestalozzi-Schüler und ihre Eltern wollen sie dauerhaft offenhalten. „Mein Kind war vorher ganz klein und ist jetzt riesengroß“, sagte Elternratsvorsitzende Jessica Basel, die im Kreistag wie berichtet 1200 Unterschriften für den Erhalt übergeben hatte. „Das Beste, was unserem Sohn passieren konnte“, bestätigte eine zweite Mutter. Zuspruch kam auch von anderer Seite.
„An Grenzen stoßen“
So warb Ulrich Heinemann, Behinderten-Beauftragter des Landkreises, für den Erhalt auch aufgrund eigener guter Erfahrungen mit seiner Pflegetochter, die einst in Liebenburg sogar den Realschulabschluss geschafft habe. Vize-Landrat Horst Brennecke (SPD), früher von Beruf Lehrer in Langelsheim, schloss sich an: „Auch wenn meine Partei manchmal was Anderes gesagt hat.“ „Wir merken immer wieder, dass wir an unsere Grenzen stoßen“, hielt Chefin Ursula Richter von der Vienenburger Vicco-von-Bülow-Oberschule fest. Bei 35 Inklusionskindern unter rund 400 Schülern insgesamt reiche die Hilfe der abgeordneten und speziell ausgebildeten Pestalozzi-Förderlehrer eben nicht aus – und das, obwohl sie „ein phantastisches Team sind und sehr gute Arbeit leisten.“ Von der Okeraner Adolf-Grimme-Gesamtschule meldete Förderlehrerin Constanze Schindler ebenfalls Sorgen an. Zehn Inklusionskinder bei 30 Flüchtlingskindern, die erst alphabetisiert werden müssten, sowie ein fast tägliches Kommen und Gehen? „Die Inklusionskinder fallen hinten runter.“
Was jeder erst einmal verstehen muss: Das Pestalozzi-Kollegium umfasst rund 50 Personen, die den geringsten Teil, wenn überhaupt an der eigenen Schule unterrichten. Ansonsten ist Reise-Pädagogik angesagt. 180 Lehrer-Stunden an der Pestalozzi-, rund 1000 zwischen Hohegeiß und Lutter – rechnete Inklusions-Koordinatorin Martina Schimmelmann vor. Und: Nur 75 Prozent der eigentlich benötigten Stunden fänden statt: „Die Lehrer-Versorgung ist nicht so gut.“ Ob Personalrätin Sabine Ahrens oder Schulvize Katrin Kersten: Sie plädierten für den Erhalt einer besonderen Schule mit besonders ausgebildetem Personal für besondere Kinder. Oder wie es ein Schülerduo abschließend im Video-Clip rhythmisch im „Pesta-Rap“ verdeutlichte: „Bleib so, wie du bist“.

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